Was trägt der Glaube zur Bewältigung der Nachhaltigkeitskrise bei? Texte zur Nachhaltigkeit 4

Viele Wissenschaftler haben in den letzten Jahrzehnten große Schritte machen können, um unglaublich komplexe Systeme wie das Weltklima immer besser zu verstehen. Typisch wissenschaftlich bewährt sich ein gewonnenes Verständnis, wenn es vertrauenswürdige Prognosen in die Zukunft erlaubt. Da diese von unserem weiteren Verhalten abhängen, entstehen verschiedene Szenarien: „Um die Temperaturerhöhung unter 1,5°C zu halten, muss…“ Oder: „Wenn die Temperaturerhöhung 2, 3 oder 4°C erreicht, dann ist jeweils damit zu rechnen, dass…“

Solche Ergebnisse tragen zur politischen Willensbildung bei. So hat die Weltklimakonferenz 2015 in Paris beschlossen, dass eine globale Temperaturerhöhung um 2°C nicht zu verantworten ist und sich auf ein 1,5°C-Ziel geeinigt. Es kann bezweifelt werden, dass es Politik, Wirtschaft und Gesellschaft global gelingen wird, die notwendigen Transformationen zu bewerkstelligen. Immerhin zeigt uns der Blick in die wissenschaftliche Glaskugel, was uns dann wahrscheinlich blühen wird.

Es fehlt aber auch nicht an Optimismus und Aufrufen zur Neubesinnung und zu nachhaltiger Lebensweise. So sieht sich etwa die EKD in ihrem Impulspapier von 2018 „Geliehen ist der Stern, auf dem wir leben“ als Mahner, Mittler und Motor der Entwicklung – getragen von christlicher Hoffnung und Zuversicht. Ist es das, was der Glaube vermag: das Ruder doch noch rechtzeitig herumzureißen? Ist unsere Umwelt tatsächlich jene Schöpfung Gottes, die dieser aber nicht bewahren kann, so dass uns Menschen diese Aufgabe zukommt, wie die Formel von der Bewahrung der Schöpfung im konziliaren Prozess nahelegt? Noch abseitiger erscheint uns der Gedanke, Gott würde seine heilige Schöpfung – uns und die uns umgebende Natur – auf jeden Fall erhalten und wenn nötig retten (also spielt es keine Rolle, was wir tun). Nein, heilig sind wir bestimmt nicht, und die Natur ist es auch nicht. Das Schicksal der Menschheit ist eng mit dem Schicksal der Natur verbunden. Letztere ist der sprichwörtliche Ast, auf dem wir sitzen. Doch ist dieses Schicksal durch und durch profan. Ob wir uns die Suppe selber einbrocken oder widrige Umstände das Überleben bedrohen – wir oder zukünftige Generationen müssen die Suppe auslöffeln.

Wie wäre es dann mit dem anderen Extrem: Dass die Welt ein Jammertal sei, wussten die Menschen seit jeher. Ein, zwei lokal begrenzte, wohlstandsverwöhnte Generationen mögen das vergessen haben und nun versuchen, diesen Wohlstand nachhaltig auf alle Menschen auszudehnen, wie es sich die Agenda 2030 vorgenommen hat. Doch das sei utopisches Denken. So werde es nicht kommen. Was kommen wird, jedenfalls für die nicht verworfenen Menschen, sei das Reich Gottes und seine Herrlichkeit. Man halte nur den Blick fromm auf Gott gerichtet, so können einem die irdischen Plagen, Klima hin, neue Viren her, nichts anhaben. – Einem solchen Glaubensverständnis wollen wir uns auch nicht anschließen.

Dennoch meinen wir, dass der Glaube jenen, die in ihm gründen, eine große Hilfe und Orientierung sein kann: Die Beziehung zu Gott färbt auf die Beziehungen zu unseren Mitmenschen und zur Umwelt ab. Sie macht uns frei, unsere Möglichkeiten realistisch abzuschätzen, zu tun, was getan werden kann und muss und zu ertragen, was zu durchstehen sein wird. Was das im Einzelnen bedeutet, haben wir in „12 Aspekten zum Verständnis von und Umgang mit der Nachhaltigkeitskrise“ beschrieben, die Sie im folgenden Blogbeitrag finden werden.

W. D.

 

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