Geistes- und Neurowissenschaften im Diskurs Querverbindungen 2

Der Arbeitskreis Glaube und Naturwissenschaft beschäftigt sich nicht nur mit der Verständigung zwischen Glauben und Naturwissenschaft. Er will ebenso die Folgen der Erkenntnisse der Naturwissenschaft für das Leben in der Welt bedenken. Dabei müssen wir neben der Theologie auch die anderen Geisteswissenschaften im Blick haben. In der Philosophie, speziell der philosophischen Ethik, der Soziologie und der Psychologie sind Theorien und Modelle zum richtigen Handeln des Menschen in der Welt entwickelt worden. Falls wir zu eigenen Vorstellungen und Handlungsempfehlungen kommen, beispielsweise für die Realisierung einer nachhaltigeren Welt oder zum verantwortungsvollen Umgang mit der künstlichen Intelligenz, müssen sich unsere Vorstellungen der Auseinandersetzung mit den Aussagen der Geisteswissenschaften stellen. Es wird nicht genügen, nur im innerkirchlichen Raum zu diskutieren. Wir sollten versuchen, auch nichtchristliche interessierte Menschen einzubeziehen.

Ein in der weiteren Zukunft zu erreichendes Ziel wäre für mich eine einheitliche Erkenntnis der materiellen und der geistigen Welt, eventuell über eine gemeinsame Grundlegung der Natur- und der Geisteswissenschaften. Neben der Quantenphysik könnten die Neurowissenschaften zu einem Bindeglied zwischen Natur- und Geisteswissenschaften werden. Noch vor wenigen Jahren glaubten viele Neurowissenschaftler, dass sie kurz vor der Enträtselung der Geheimnisse des menschlichen Gehirns stehen (Manifest einiger Neurowissenschaftler vom Jahre 2004 – hier als .pdf verfügbar). Der Optimismus  ist inzwischen verflogen. 2014 haben einige Neurowissenschaftler im Gegensatz zum Manifest von 2004 ein „Memorandum reflexive“ formuliert. Sie wollen auch Philosophen an der Forschungsarbeit beteiligen. Davon verspreche ich mir neue Impulse. Ich hoffe, dass es in den nächsten Jahrzehnten gelingen wird, immer mehr Funktionen des Gehirns aufzuklären. Vielleicht lassen sich so später einmal die Entstehung mythischer und religiöser Vorstellungen im Bewusstsein besser verstehen.

Harald Thulin

 

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