Ahnung Gottes: Wir tragen die Stimme Gottes in uns, die davon flüstert, welch wundervolles Geschöpf wir sind in einer Schöpfung, die uns hervorgebracht hat, und die unsere vollumfängliche Heimat ist.
Ökologie: In dieser Natur sind – abgesehen vom menschlichen Handeln – mit einer Ausnahme alle Kreisläufe geschlossen: Alles neu Werdende und sich Erhaltende schöpft aus dem Vorrat des Gewesenen. Die eine Ausnahme ist der kontinuierliche Zustrom von Energie aus der Verbrennung von Wasserstoff zu Helium in der Sonne. Diese Energie speist alle Prozesse der Natur. Anstatt unnützen Abfall anzuhäufen gelingt es der Natur, Sonnenenergie kurz-, mittel- und langfristig zu nutzen: Kurzfristig in Form von Wärme, Regen, Wind und Wellen. Mittelfristig in Form aller lebenden und toten Biomasse, die als Nahrung für das neu Entstehende dient. Und langfristig gelingt es ihr sogar, über den Selbsterhalt und die Weiterentwicklung hinaus einen Energieüberschuss zu erwirtschaften und in Form von Kohle, Öl und Gas zu speichern.
Paradies und Sündenfall: In der vollendeten, rückstandsfreien, ja sogar Energie akkumulierenden Abstimmung von Werden und Vergehen sahen weise Menschen schon vor langer Zeit jene Schöpfung des geahnten Gottes und es gab keinen Zweifel: „Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut.“ Dazu gehört auch der Mensch, dem alles geschenkt ist, um daraus einen geordneten Garten zu gestalten, in dem er allen Dingen ihren Namen und Platz gibt. Doch anstatt sich symbiotisch tragen zu lassen und zugleich schöpferisch seinen Beitrag zur Koevolution zu leisten, entschied er sich für eine tragische Unterscheidung: gutes Gedeihen und böses Vergehen.
Auflehnung gegen das Schicksal: Statt harmonisches Werden und Vergehen sah der verdunkelte Blick überlebensnotwendiges Fressen und grausames Gefressenwerden. Ein flammendes Schwert aus Zorn und Wut verwehrt den Schritt zurück in die nun aufgekündigte Symbiose: Seither steht hier der Mensch und dort die Natur. Sie enthält zwar alles, was der Mensch zum Gedeihen braucht, doch es muss ihr nun abgetrotzt werden. Die Natur wehrt sich mit zornigen Anfeindungen, wie es ihm scheint, dem Menschen zum Verderben: Sturm, Feuer, Kälte, Hunger, Krankheit, Alter und am Ende unvermeidlich der Tod. – Da nahm der Mensch einen Pflock, bestimmte diesen zu seinem Schicksal, rammte ihn in den Boden und hatte fortan einen Halt, von dem aus er seine Herrschaft antreten würde: Das Gute mehren, das Böse wehren. Möge Gott mit ihm sein.
Gut und Böse mischen sich: Wo Licht ist, ist auch Schatten, kein Werden ohne Vergehen. Daran konnte die tragische Unterscheidung nichts ändern. Aus der Jung‘schen Psychoanalyse wissen wir: Der abgespaltene Schatten kommt von außen wieder auf mich zurück. Sind wir die Guten, lauert draußen der Feind. So wogt die Welle von Tätern und Opfern hin und her: Täter nehmen Opfern ihr Gut und überlassen sie dem Verderben, Opfer stehen auf und erheben sich gegen die Täter – oder fallen über Dritte her. So ist jeder sein eigenes Licht und des anderen Schatten. Der Feind, das sind immer die anderen. Und während sich alle gut wähnen, ist überall Krieg und kein Frieden.
Reich und Arm scheiden sich: Baut der Mensch seine eigene Welt mitten in die Natur, so braucht er viele Köpfe und Hände, befehlende Köpfe und arbeitende Hände. Je mehr arbeitenden Händen ein Kopf befiehlt, desto reicher wird er. Je reicher er wird, als desto besser sieht er sich, denn Reichtum heißt Gedeihen und gedeihen ist gut. Doch solange der Mensch noch baut, ist die Natur nicht gebändigt. Kein Reichtum ist groß genug, um sich der Macht über das eigene Schicksal gewiss zu sein. Und so ist alles von Menschen Geschaffene für viele Arme zu wenig und für wenige Reiche nie genug. Und während alle meinen, am Guten zu bauen, ist überall Mangel und keine Gerechtigkeit.
Ahnung Gottes: Wir tragen die Stimme Gottes in uns, die von einem Reich flüstert, in dem Frieden herrscht und Gerechtigkeit und ein Leben im Einklang mit der Natur. Doch wir fürchten den Tod.
WD
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Ostergruß:
Korn, das in die Erde, in den Tod versinkt, Keim, der aus dem Acker in den Morgen dringt – Liebe lebt auf, die längst erstorben schien: Liebe wächst wie Weizen, und ihr Halm ist grün…
Im Gestein verloren Gottes Samenkorn, unser Herz gefangen in Gestrüpp und Dorn – hin ging die Nacht, der dritte Tag erschien: Liebe wächst wie Weizen, und ihr Halm ist grün.