Reise an die Côte d‘Azur im September 2023 Nachbericht

Es war ein Experiment: Eine Frankreichreise ohne Margot Gilch, die leider am 30.12.2022 gestorben war, und eine Reise in Eigenregie, ohne Reisebüro. Anlass der Reise war das 60-jährige Jubiläum des 1963 abgeschlossenen Freundschaftsvertrags zwischen Frankreich und Deutschland; einige Punkte des Reiseprogramms waren dementsprechend ausgelegt.

 

Bild 1 Kofferraum

Am Freitag, 1. September, brachen sieben Männer und Frauen im Rentenalter Richtung Südfrankreich auf, in einem Minibus mit neun Sitzen. Erst in zähen Verhandlungen erreichte Katharina Städtler, die Organisatorin der Reise, dass ihr der zugesagte 9-Sitzer-Bus auch tatsächlich zur Verfügung gestellt wurde, aber sieben Personen und ihr Gepäck, u.a. Blutdruckmessgerät und Defibrillator für den Fall der Fälle, brauchten eben ihren Platz.

 

Ausgehend von Nürnberg wurden die anderen Mitreisenden in Ditzingen und Karlsruhe eingesammelt, und dann ging es zuerst nach Breisach am Rhein, wo wir eine erste Rast direkt am Fluss mit Blick auf die Schleusen an der deutsch-französischen Grenze machten. Anschließend fuhren wir weiter südwärts zum deutschen Soldatenfriedhof von Dagneux, der leider etwas versteckt liegt. In der friedlichen Abendstimmung entdeckten wir das Grab eines Ludwig Gilch, gefallen am 7.4.1944, was uns seltsam berührte.

Nach einer Übernachtung nahe Lyon (wo wir nicht schlecht über die fortan gigantischen Getränkepreise staunten) ging es weiter Richtung Côte d‘Azur. Bedingt durch verschiedene Staus auf der Autobahn erreichten wir Aix-en-Provence leider etwas spät, sodass wir Les Milles, eine ehemalige Ziegelfabrik, in der ein Internierungslager für Deutsche und Österreicher, später Konzentrationslager für Juden untergebracht war, nur noch von außen sehen konnten. Wir spazierten anschließend durch einen etwas höher gelegenen Park, in dem der impressionistische Maler Paul Cézanne den von ihm geliebten Berg Sainte-Victoire immer wieder malte. Einige seiner Bilder waren in Reproduktionen dort aufgestellt. Leider blieb nicht genug Zeit, um die wundervolle Stadt Aix mit toller Atmosphäre, sprudelnden Brunnen, einem Thermalbad aus der Römer-Zeit und vielen engen Gässchen, einladenden Cafés und sehenswerten Kirchen ausführlich zu besichtigen. Zufällig wartete gerade ein Priester vor der Kathedrale auf ein Brautpaar, sodass wir die Kirche nicht betreten, aber den farbenfrohen Hochzeitszug bewundern konnten.

Bild 2 Terrasse

Rechtzeitig erreichten wir den Campingplatz Les Jardins de la Pascalinette bei La Londes-les-Maures, wo drei Mobile Homes auf uns warteten. Wir belegten sie jeweils nur mit der halben Personenzahl, es wäre sonst in den für Familien mit Kindern ausgelegten Häuschen zu eng geworden. Aber die Küche und vor allem die auf Weinfelder blickende Terrasse mit großem Tisch, Liegestühlen, Hängematte, Whirlpool und viel Grün war sehr schön, ruhig und meistens mückenfrei, da auf dem Campingplatzgelände automatische Mückenvernichter aufgestellt waren.

Das Restaurant, der Laden, die Recyclingecke und mehrere große Pools lagen sehr angenehm in Laufweite und wir bedauerten, die Einrichtungen nicht öfter nutzen zu können, da wir oft erst spät von unseren Ausflügen zurückkamen.

Bild 3 Blick auf Hyères

Der erste führte uns am Sonntag nach Hyères, wo wir den sehr steilen Burgberg erst mit dem Auto, dann weiter zu Fuß erklommen und von der Ruine eine fabelhafte Aussicht hatten auf die Stadt Hyères, die Côte d’Azur, das Meer, die vorgelagerten Inseln und die Halbinsel Giens, Salinen, Flugplatz und grüne Hügel.

 

 

Bild 4 Villa Noailles

Danach besuchten wir den Sonntagsmarkt in La Londes, wo örtliche Spezialitäten wie Orangenmarmelade und Lavendelsäckchen erworben werden konnten. Nach der Mittagspause besichtigten wir die kubistische Villa Noailles, die sich reiche Pariser Kunstmäzene 1923 erbauen ließen. Die als Ausstellungsgebäude fungierende Villa ist sehr fantasievoll gestaltet und mit viel Kunst dekoriert, ein Labyrinth, in dem man gerne noch länger verweilt hätte.

Eine abenteuerliche Fahrt durch das Vorgebirge folgte, die über schmale, gewundene Straßen an der Kupfermine Cap Caronne vorbei zu einem schönen Blick Richtung Carqueiranne führte. Später blickten wir über die weiten Wasserflächen der Salinen mit Flamingos und anderen Vögeln und beendeten den Tag bei einem schmackhaften Abendessen direkt an einem Hafen.

Bild 5 Sanary
Bild 6 Thomas Mann

Am Montag besichtigten wir Sanary-sur-Mer, die Exil-Hauptstadt der deutschen Literatur, wo sich ab 1933 viele Künstler und Schriftsteller niederließen. Wir fanden einige ihrer früheren Wohnstätten bei einem Spaziergang entlang des ausgeschilderten Erinnerungspfads durch die Stadt. Viele der erklärenden Hinweisschilder waren allerdings kaum noch lesbar.

Als der Wind am Dienstag etwas abflaute, konnten wir unsere Bootstour zu den Calanques nachholen. Wir fuhren in idyllische Buchten, bewunderten dramatische Felsformationen und verstanden beim Anblick des unglaublich blauen Wassers, woher die Côte d’Azur ihren Namen hat. Zum Glück wurde – im Gegensatz zu anderen Passagieren – niemand von unserer Gruppe seekrank. Diesen abwechslungsreichen Tag beschlossen wir in einem Restaurant am Strand.

Bild 7 und 8 Calanques

Bild 9 Sonnenuntergang
Bild 10 Le Thoronet

An weiteren stets sonnigen Tagen bestaunten wir die Zisterzienser-Abtei Le Thoronet, die uns durch ihre Schlichtheit und phänomenale Akustik berührte, das russisch-orthodoxe Kloster Saint-Michel-du-Var, das fernab allen Touristengetümmels einsam in den Korkeichenwäldern liegt und uns durch seinen Reichtum an Erzengelfresken erstaunte, sowie das Kartäuser-Kloster La Verne, das früher einmal völlig autark wirtschaftete und heute wieder von Nonnen besiedelt ist.

Bild 11 Saint-Michel-du-Var
Bild 12 La Verne

 

 

 

 

 

 

 

 

Bild 13 Grasse
Bild 14 Goethe

Im Départment Alpes-Maritimes besuchten wir die Parfümstadt Grasse und ließen uns während zweier Führungen durch die Produktionsstätten in die Geheimnisse der Herstellung berühmter Essenzen und Seifen einführen – ein olfaktorischer Overkill, dem wir glücklich entkamen. Erstaunlicherweise war auch schon Goethe mit den Parfumeurs von Grasse befreundet!

 

Bild 15 St Tropez

Ein Abstecher an die Küste wiederum führte uns nach St Tropez, wo wir im berühmten Café Sénéquier direkt am Hafen einen Aperitif zu uns nahmen und das Treiben auf und bei den riesigen Jachten des Jetsets betrachteten.

 

Cannes hingegen mit seinen engen Straßen und darin viel zu vielen (ukrainischen) Autos und infolgedessen Staus in der Stadt und auf den Umgehungsstraßen beeindruckte uns nicht positiv. Wir begnügten uns damit, mit dem Bus die Croisette entlangzufahren. Umso schöner war es, nach der Rückkehr auf den Campingplatz im Pool der Ferienanlage zu schwimmen oder in unserem privaten Whirlpool zu entspannen beim Blick in den Sternenhimmel.

Bild 16 Gorges du Loup

Die Landschaften des Départements Var, vor allem das Massiv des Maures, beeindruckten uns mit weitläufigen, einsamen, von trockenen Wäldern bedeckten Bergen und ausgetrockneten Wasserläufen, aber Erfrischung in den heißen Mittagsstunden fanden wir an den sprudelnden Wasserfällen von Sillans-les-Cascades oder Gorges du Loup, die in karibisch anmutende türkisgrüne Becken stürzten.

 

Bild 17 Strandrestaurant

Wir fuhren auch durch viele Weinanbaugebiete und tranken den typischen Roséwein, dazu aßen wir oft Fische oder Meeresfrüchte in schönen Lokalen, meistens direkt am Strand, wo wir auch unser Ausflugsprogramm beendeten.

 

 

Am 9. September schließlich hieß es Quartiere räumen. Unser Bus brachte uns, zum Teil auf der Route Napoléon, über Sisteron, Gap, Grenoble nach Chambéry, wo wir ein reichhaltiges Abschiedsmenü in der pittoresken Altstadt zu uns nahmen und uns über die wieder zivilen Preise freuten.

 

Bild 18 Napoleon

Von Annecy, wo wir übernachteten, fuhren wir über die Schweiz zurück zu den Ausstiegsorten Karlsruhe und Rutesheim. Wir verabschiedeten uns nach und nach, der letzte Trupp genoss noch einen Kaffee bei Brigitte Mann. Nach über 3600 km konnten wir den Bus am Flughafen Nürnberg zurückgeben und nach Bayreuth bzw. Dresden zurückfahren.

Unterwegs haben uns oft unsere verschiedenen Navi-Systeme amüsiert oder verärgert. Wenn man auf französisch „Nice“ (Nizza) eingab, interpretierte das einer der Navis als Englisch (nice = nett) und wusste nicht, wohin wir wollten. Sprachliche Eingaben verwirrten die Geräte erst recht. Manchmal widersprachen sich der Busnavi und die Handynavis, manchmal verloren sie den Kontakt zum Satelliten, sodass das Auffinden der richtigen Route vor allem im Hinterland trotz moderner Technik eine Herausforderung blieb.

Es waren 10 wunderbare, wenn auch heiße Tage. Wir haben zwar schon viel gesehen, aber es bleibt noch mehr zu entdecken … Bis dahin gilt es, die Fotos einzuordnen und vom sonnigen Süden zu träumen.

 

 

Ute Neuß, Katharina Städtler