Ich brauche eine neue Brille "Persönliches" aus der EAiD

Ich muss mal wieder meinen Optiker aufsuchen. Die Sehkraft meiner Augen hat sich verändert und ich brauche eine neue Brille – im Grunde (von den Kosten mal abgesehen) kein größeres Problem. Ich will wieder schärfer sehen: im Nah- und im Fernbereich, für‘s Lesen, für‘s Autofahren, und überhaupt.

Ob ich mir damit aber wirklich einen Gefallen tue? Eigentlich schon, aber: ich werde dann ja auch die vielen schrecklichen Bilder in den Fernseh-Nachrichten wieder deutlich klarer sehen… und die Berichte in der Zeitung über all das Übel in dieser Welt viel besser lesen können…

Oder sollte ich den Optiker einfach mal fragen, ob er mir so eine rosarote Brille verkaufen kann? Also eine Brille, mit der ich die grausam-schwarz/düsteren Nachrichten in einem freundlicheren Licht sehen und, am allerbesten, nur noch schöne Dinge in dieser Welt wahrnehmen könnte?

Ich kann mir allerdings die Antwort des Optikers auf meine Frage gut vorstellen. „Nein“, wird er sagen, „so eine Brille haben wir nicht im Sortiment – tut mir Leid.“

Hm. Sollte ich also besser die Medien darum bitten, für mich in Zukunft nur noch rosarote Berichte zu übermitteln? Oder den Bundeskanzler dazu auffordern, nur noch Entwicklungen auf den Weg zu bringen, die sich tatsächlich für alles, was lebt, positiv auswirken?

Klar: mein Ansinnen ist reine Utopie. Ich kann es mir zwar wünschen, dass Palästinenser/innen in Frieden leben und die Menschen in der Ukraine und an anderen Kriegsschauplätzen in der Welt auch. Dass die Natur respektiert wird und Kinder in den Social Media nicht mehr gemobbt werden, etc. etc.  Aber die Wirklichkeit spricht ja eine oft andere Sprache.

Bin ich mit meiner Sehnsucht nach positiven Nachrichten also auf einem falschen Weg? Die Gefahren für alle möglichen Bereiche sind ja unübersehbar – dafür braucht es eigentlich gar keine neue Brille.

Zugleich sind aber auch Ansätze für Problemlösungen in diversen Bereichen in Sicht – und auf diese Perspektiven möchte ich gerne genauer hinsehen. Das ist der Blick in diese Welt nach dem Motto von Friedrich Hölderlin: “Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch.” Vielleicht ist es wirklich so, dass wir Menschen erst begreifen, was auf dem Spiel steht, wenn Gefahren unübersehbar werden. Aber sind die Gefahren vielleicht schon viel zu nahe und kaum noch abzuwenden? Sind wir selbst mit unseren eigenen Zielen und Wertvorstellungen als Verursacher zu identifizieren?

Mir ist klar: Ein „weiter so“ – das geht nicht. Wir brauchen Zuversicht, wenn wir diese Welt als Ganzes erhalten wollen, wie Gott sie will: als gute Schöpfung, voller Lebensqualität für alles, was lebt, an jedem neuen Tag. Gerechtigkeit und Frieden für alle Menschen. Wir brauchen mehr als Hoffnung, wir brauchen eine andere Grundeinstellung: die Gewissheit, dass Dinge sich positiv entwickeln können, wenn persönliche Interessen mit Gemeinwohl in Einklang gebracht werden und wir uns aktiv dafür engagieren.

Und dann braucht es auch keine rosarote Brille mehr…

Rolf Freudenberg, Vorsitzender der EAiD