Christliche Kirchen in Tschechien zwischen Vergangenheit und Zukunft Studien- und Kontaktreise nach Prag

“Christliche Kirchen in Tschechien zwischen Vergangenheit und Zukunft” – so hatten Dorothee Teschke und Michael Wuschka die Studienreise der EAiD vom 31.5.-3.6.2018 nach Prag betitelt. Sie sollte insbesondere auch ein Angebot an die Studierendenpfarrer*innen in Deutschland sein, einen Blick über den Tellerrand zu riskieren. Für die EA war damit die Hoffnung verknüpft, auch wieder ein bisschen näher an die Studierendengemeinden heranzurücken. Dieses Ziel wurde tatsächlich nicht erreicht. Aber die 24 Teilnehmer*innen, die nach selbst organisierter Anreise im zentralen Kongresshotel Olšanka eintrafen, fanden schnell zu einander. In immer wieder unterschiedlichen Kleingruppen wurden Kontakte geknüpft, sodass die gesamte Gruppe zur einer guten Gemeinschaft zusammenwuchs.

Das Programm war prall gefüllt: Gleich nach der Begrüßung und dem Abendessen war die Direktorin der Ökumenischen Akademie Prag, Karolína Silná, zu Gast und stellte die Arbeit unserer Partnerorganisation in Prag vor: Ausgerichtet auf Themenbereiche wie Gerechtigkeit, Fair Trade, Nachhaltigkeit, Emanzipation und soziales Miteinander zeichnete sie ein Bild ihrer Arbeit, das deutlich machte: Eher in der Organisationsform eines Bürgervereins als einer kirchlichen Gruppierung versucht Silná mit ihrem Team für gerechtere Strukturen in einem der säkularsten Staaten auf Erden zu wirken und diese auch soziologisch zu reflektieren. Dabei wird z. B. mit einer eigenen Kaffeerösterei zu wirtschaften versucht, sodass gerechtere Lebensumstände bei den produzierenden Kaffeebauern in der Einen Welt und in Tschechien angezielt werden. In Kooperation mit anderen Experten werden als weiteres Beispiel Lösungen für das Problem hoher privater Überschuldungen in Tschechien gesucht.

Jedenfalls war es eindrucksvoll, etwas von der Fülle der Aufgaben, der sich die Ökumenische Akademie stellt, zu erfahren.

An den beiden nächsten Vormittagen waren wir im Jan-Hus-Haus zu Gast und hörten vier Vorträge von Dr. Ladislav Beneš, Gerhard Frey-Reininghaus, Dr. Peter Morée und Prof. Dr. Jan Štefan, die unter theologisch-historischen Gesichtspunkten die Lage von Theologie und Kirche in den Blick nahmen. Die Diaspora-Situation, in der Kirche ökumenisch gelebt und Theologie getrieben wird, machte deutlich, wie weit sich die deutsche Situation dann doch (noch) von der säkularen Lage in Tschechien unterscheidet [Nach der Volkszählung 2011 sind 10,3 % römisch-katholisch und 0,9 % Protestanten (darunter: Tschechoslowakische Hussitische Kirche, Schlesische Evangelische Kirche A.B., Evangelische Kirche der Böhmischen Brüder und die Union der Tschechischen Baptisten); 3,2 Prozent gehören sonstigen Religionsgruppen an].

Dass Prag als touristische Stadt äußerst beliebt ist, stellten wir fest bei einem Stadtrundgang mit dem ehemaligen Leiter der Ökumenischen Akademie, Jirí Silný, der Prag unter politischen Aspekten vorstellte: „Prager Frühling und Samtene Revolution“ und bei einer touristischen Rundfahrt und einem Spaziergang über den Hradschin mit der Stadtführerin Tereza Šimůnková. So überfüllt hatten auch Prag-Kenner in der Reisegruppe die Stadt noch nicht erlebt.

Der Besuch in einem kleinen Schwarzlichttheater rundete den Pragbesuch ab.

Zum Abschluss der Prager Tage feierten wir einen Gottesdienst unter der Leitung von Auslands-Pfarrerin Elisabeth Veronika Förster-Blume mit der Deutschsprachigen Evangelischen Gemeinde in Prag, die eng verbunden mit der Kirche der Böhmischen Brüder in der Kirche St. Martin in der Mauer ein Gastrecht genießt. St. Martin in der Mauer ist eine gotische Kirche in der Altstadt. Sie ist nach Martin von Tours benannt und eine wichtige Stätte der Reformation. Eine Kantorei aus Regensburg machte den Gottesdienst auch zu einem musikalischen Highlight.

Die Martinskirche errichtete man von 1178 bis 1187 als einschiffige, romanische Pfarrkirche. Als in den Jahren 1249 bis 1253 eine Stadtmauer mit Graben und doppelter Mauer um die neu gegründete Prager Altstadt errichtet wurde, bezog man die Südseite der Kirche in die Mauer mit ein und die Gemeinde bzw. Siedlung St. Martin wurde in zwei Teile innerhalb und der größere außerhalb der Stadt geteilt. Seitdem trägt die Kirche die Bezeichnung „In der Mauer“.

Nach diesem Gottesdienst begaben sich alle wieder auf den Heimweg. War eine 2013 geplante Reise ausgefallen, so gab es nunmehr verschiedene Ideen zur zukünftigen Anknüpfung an diese Studienreise – insbesondere auch zur Intensivierung der Beziehung der EA zur Ökumenischen Akademie.

Michael Wuschka