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Die Macht der Gewohnheit

Stellen wir uns einmal vor, dass wir eines Tages nach einem langen, festen Schlaf aufwachen und merken, dass wir alles, aber auch alles über die Welt und über unsere Mitmenschen vergessen haben. Wir sind beunruhigt, weil wir nicht wissen, wie wir an diesen Ort und in diese Zeit gelangt sind. Rings um uns bietet sich ein verblüffendes Bild: Eine Sonne steigt höher am Horizont herauf und der Himmel verändert seine Wolkenbildungen. Wir nehmen überall bizarre Gewächse und exotische Bäume wahr. Irgendwo bewegen sich Gestalten, die so aussehen wie wir selber oder auf 4 Beinen laufen. Und wir schütteln verwundert den Kopf.

Nach einem solchen Erwachen müssen wir wahrhaftig erschrecken, weil sich vor unseren Augen nach Stunden ein nie gesehenes Schauspiel abspielt: Nachdem die Sonne verschwunden ist breitet sich zu unserer noch größeren Verwunderung ein Sternenhimmel aus.

Unser Vergessen hat uns in die merkwürdige Lage versetzt, die Welt nochmals von neuem zu entdecken.

Tatsächlich erwachen wir aber täglich mit der Erinnerung an eine vertraute Welt, in die wir als Kinder allmählich hineingewachsen sind und Zeit hatten, uns an die merkwürdige Umgebung zu gewöhnen. Die Dinge erscheinen uns so irgendwann als selbstverständliche Requisiten unseres Lebens. Selten kommen Augenblicke, in denen wir uns das Unbegreifliche unserer Lage klar machen.

Dem Wissenschaftler erscheint sein Weltausschnitt, den er erforscht, als klar umrissen und überschaubar. Kaum wird er das Unbegreifliche, die ungeheure Vielfalt der Dinge in seine Rechnungen und Modelle mit einbeziehen.

Doch die Welt ist vielfältiger, mehrdimensionaler, unberechenbarer als sämtliche gelehrten Bücher der Menschheit uns das widerspiegeln.

Erinnern wir uns an das schwindelerregende Gedankenexperiment am Anfang: welches Schauspiel müsste vor unseren Augen inszeniert werden, um uns vor dem Geheimnis des Lebens, vor der nebelhaften Weite des Unbekannten und der ganz und gar unbegreiflichen Ungewöhnlichkeit der Welt zu verbeugen?

M.S.

 

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