Reise in die Champagne (31.8. – 8.9.2019) Ein Reisebericht

Zu ihrer diesjährigen Reise hatte Margot Gilch 25 Teilnehmer um sich versammelt. Unterwegs waren wir wieder mit unserem Busfahrer Hubert. Zentraler Stützpunkt war das Ibis Hotel in Reims, wenige Wegstrecken von der Kathedrale entfernt. Jeden Tag konnten wir eine große gotische Kirche bestaunen, so dass uns die Champagne als Wiege der Gotik  erlebbar wurde.

Schon bei der Anfahrt war das die Stephanuskathedrale in Metz, deren Türme in den Gesamtbau integriert sind. Besonderer Blickfang waren die Chagall-Fenster im Chor. Zuvor hatten wir in der romanischen Kirche Saint – Maximin die farbigen Chorfenster von Jean Cocteau bestaunt.

In Reims erlebten wir schon am Sonntag die große Kathedrale mit ihrer die Stadt beherrschenden  zweitürmigen Westfassade: In der Mitte die große Fensterrose und die  markante Königsgalerie. In allen drei Eingängen waren die alten Figuren vorbildlich restauriert. Besonders beeindruckte uns der lächelnde Engel.  Das riesige Innere nahm uns den Atem: 108m lang, 38m hoch. Im Chorumgang bewunderten wir neben den originalen auch moderne Fenster, u.a. von dem deutschen Künstler Knöbel, eine Spende des Landes Nordrhein-Westfalen für die Schäden, welche die Kathedrale durch deutschen Artilleriebeschuss im Ersten Weltkrieg erlitten hatte. An den Beginn der deutsch-französische Freundschaft  erinnert  vor der Kathedrale eine Bodeninschrift von 1962 (De Gaule und Adenauer). Vor dem Besuch hatten wir im Temple protestant einem Gottesdienst beigewohnt. Auch dieses Gebäude musste nach dem Beschuss im Ersten Weltkrieg neu aufgebaut werden. Am Nachmittag schloss sich  der Besuch in der ehemaligen Abteikirche St.Rémi an, ein spätromansches Längsschiff mit einem glanzvollen gotischen Chor. Hier wird an den mittelalterlichen Bischof erinnert, der einst den Merowinger Chlodwig getauft hat (496).   Nach dem Abendessen erlebten wir das Schauspiel „Son et Lumiere“  vor der Westfassade der Kathedrale.

Westfassade Reims

Am Montag besuchten wir gleich drei Kathedralen. Den Anfang machte die spätgotische Pilgerkirche „Note-Dame de l`Epine“ mit  ihren spitzgiebligen Zwillingstürmen. Eindrucksvoll waren die zahlreichen erhaltenen Wasserspeier. In Chalons-en-Champagne schlossen sich zwei Kirchen an. Die Kathedrale zeigt drei Bauphasen. An einen romanischen Turm schließt  sich ein hochgotiches Längsschiff an und endet in einer barocken Westfassade. Im Innern beeindrucken die erhaltenen Renaissancefenster mit ihren Szenen aus dem Leben Jesus. Solche Fenster zeigt auch die Pilgerkirche Notre Dame en Vaux mit ihren spitzen Zwillingstürmen. Am Spätnachmittag suchten wir inmitten von Weinbergen das  Kloster Hautvillers auf, dessen Abt Don Pérignon im 17.Jh. erstmals Champagner hergestellt hat. Das war der Auftakt für unsere Champagnerprobe bei dem Traditionswinzer Michel Fagot, wo wir von dem langwierigen Gärprozess dieses Getränks erfuhren, aber auch kosten konnten.

Am Dienstag erlebten wir in Senlis eine der ersten gotischen  Kathedralen Frankreichs. Ein frühgotischer  Spitzturm markiert das Äußere, und durch das spätgotische Hauptportal im Flamoyonstil betraten wir das hohe (23,5m) Längsschiff. Zuvor hatten wir  das weitläufige Areal des ehemaligen Klosters Chaalis betreten. Vollständig erhalten ist nur die kleine ehemalige Abtkirche Sainte-Marie. Das hochgotische Innere zeigt farbige Glasfenster, vor allem aber die Ausmalung durch den Renaissancemaler Primatice. Ein besonderer Glanzpunkt schloss unseren Besichtigungstag ab, die Krypta des Klosters La Ferté-sous-Jouarre aus dem 7.Jh., eine der ältesten Abteien Frankreichs, die heute wieder Nonnen beherbergt. Wir schlängelten uns zwischen den alten Sarkophagen durch den unterirdischen Säulensaal.

Auch am Mittwoch standen zwei große Kirchen auf dem Programm. Wir besuchten in Soissons zuerst die Kathedrale mit ihrem einzigen Turm. Wir erlebten das 34m hohe Innenschiff mit seinen erhaltenen Fenstern im Chor, auffällig auch das Gemälde von Rubens „Anbetung der Hirten“, das den Bildersturm der Französischen Revolution überstanden hat.  In St-Quentin ist der hochgotischen Basilika (35m hoch) mit ihren Chorfenstern aus dem 13.Jh. eine Renaissancefassade vorgebaut. Im benachbarten Guise, dessen Name an die katholischen Verursacher der Bartholomäusnacht erinnert, besuchten wir eine soziale Stiftung aus dem 19.Jh. Der Fabrikunternehmer Godin hatte dort mehrstöckige  Gemeinschaftsunterkünfte für seine Arbeiter angelegt, dazu auch Schulen, Hallenbad und Theater.

Am Donnerstag besuchten wir die im Mittelalter bedeutende Handelsstadt Provins, die ihren altertümlichen Charakter mit Stadtmauer und Burgturm bewahrt hat. Auch die heutige Dorfkirche hat noch ihr gotisches Längsschiff. Eine Tafel erinnert an einen Besuch der Jeanne dÀrc von 1429. Zuvor hatten wir eine Führung durch das Geburtshaus des großen Fabeldichters La Fontaine in Chateau-Tierry. Am Nachmittag war das Schloss „La Motte-Tilly“ unser Ziel, einst  von einem Finanzbeamten des Königs Ludwig XV. errichtet  und erst im letzten Jahrhundert aus dem Familienbesitz an den Staat vererbt worden. So präsentierte sich uns die feudale Anlage im alten Glanz inmitten eines weiten Parks.

Kathedrale Laon

Am Freitag war die Kathedrale von Laon, die sich mit ihren fünf Türmen  auf einer Bergkuppe erhebt, unser Ziel.  Am Hauptturm ragen als Wasserspeier Ochsenköpfe hervor, Erinnerung an die Tiere, die das Baumaterial einst auf den Berg geschleppt haben. Der Legende nach war ihnen ein engelhafter Ochse zu Hilfe gekommen. Zwei Eingänge der Westfassade zeigen noch ihre originalen Statuen, u.a. Jesus, der  beim Weltgericht seine Wundmale zeigt, statt sich als strenger Richter zu präsentieren. Der Chor bietet noch originale Fenster, die Nordrose im Querschiff zeigt die Gestalt der Theologie inmitten der sieben Künste. Zuvor streiften wir durch die Reste der alten Zisterzienserabtei Longpont. An die gotische Kirche mit ihren bedeutenden Ausmaßen (106m lang und 40m hoch) erinnert nur noch eine Ruine. Dagegen stellen Teile des klassizistischen Kreuzgangs heute einen Privatbesitz dar. Am Nachmittag besuhten wir am Chemin des Dames ein Museum des Ersten Weltkriegs. Hier unter der Frontlinie hatte die deutsche Wehrmacht einen unterirdischen Versorgungsstützpunkt eingerichtet, immer wieder von französischen Truppen bestürmt. Am  Abend bot uns Margot Gilch ein festliches Essen im Chateau Rilly-la-Montagne, wobei wir ihr unseren Dank ausdrücken konnten.

Am Samstag machten wir einen Abstecher in die nördlichen Ardennen. In Avioth besuchten wir eine Dorfkirche, einst gotische Pilgerkirche, in der totgeborene Kinder getauft und so nach damaligen Glauben von der Vorhölle bewahrt werden konnten.  In Charleville beeindruckte uns der weite quadratische Platz mit den originalen Gebäuden aus dem 17.Jh.  Das benachbarte Sedan erinnert uns besonders an den deutschen Sieg im Krieg von 1870, doch wir gingen den Spuren der Hugenotten nach, die hier im 16.Jh. einen wichtigen Stützpunkt hatten. An sie erinnert das Gebäude ihrer Akademie, die sie gegen die katholischen Universitäten errichtet hatten, und die ehemals evangelische Kirche auf dem Marktplatz.

Am Sonntag verließen wir Reims und machten auf der Heimfahrt Station in Nancy. Wir spazierten von der Porte S. Catrina zum Place  Stanislas. Dieser ehemalige polnische König Stanislas Leszczynski hatte im 18.Jh. von Gnaden des französischen Königs in Nancy eine Bleibe gefunden und einen prachtvollen Platz mit strahlenden Bauten und spektakulären Goldgittern geschaffen.

So hatten wir eine reiche Woche in Frankreich verbracht. Margot Gilch hatte uns überdies jeden Morgen ein geistliche Besinnung mit Gesang und Lesung geboten.

Herbert Holler